4.30h. Wir hatten unsere Rucksäcke schon im Auto verstaut und
warten auf den HJ. Ausser Atem tauchte er 10 Minuten später auf.
So früh radeln sei viel anstrengender, als er gedacht hätte ;-) Es war
noch stockduster, als wir uns auf den Weg nach Oberstdorf machten.
Gegen 5.30h fing es gerade an zu dämmern und wir brachen vom Parkplatz
der Nebelhornbahn zum Gipfel des Nebelhorn auf, wo der Hindelanger
Klettersteig anfing.
Doch ja, wir hätten auch mit der Seilbahn bis direkt vor den Beginn des
Klettersteiges fahren können, doch die verlangen knapp 50,- DM für
einmal rauf und runter. Für uns 3 hätten wir also 150,- DM anlegen
müssen. Wir sparsamen Allgäuer fanden das einfach zu unverschämt teuer.
Die 1300 Höhenmeter würden wir in gut 3 Stunden schon schaffen und
vielleicht sogar vor der ersten Godel oben starten können. Dass der
Weg auf's Nebelhorn nicht allzu schön und eigentlich auch nicht toll
zu gehen war, wussten wir natürlich.
Bis zur Seealpe (die 'untere' Mittelstation) war's gut zu gehen und
der lange sanft ansteigende Weg in's Tal hinter machte sogar Spass.
Wir waren zuversichtlich. Mir persönlich war's eine Genugtuung, dass
unser höchst fitter Schützling beim Bergsteigen plötzlich nimmer
so fröhlich vorne weg hüpfte, sondern 'nur' mit uns Schritt hielt
;-))
Am Talende gings nach oben und der bisher so angenehm zu gehende
Weg verwandelte sich in einen der bösartigsten Wadlbeisser. Immer
noch geteert wurde der Weg derart steil, dass es fast nicht mehr
möglich war, die Füsse gerade auf zu setzen. Die Waden und die Archillessehnen
wurden bei jedem Schritt auf's äusserste gespannt. Hochradeln wäre
unserer Meinung nach hier völlig unmöglich gewesen (Runterradeln
erst recht!). Zumindest sorgte der steile Anstieg für einen schnellen
Höhengewinn ;-)
Obwohl wir nicht schlecht unterwegs waren, kamen wir doch erst nach
der ersten Gondel am Gipfel an. Nachdem aber nur wenige Leute in
der Gondel waren (wohl auch, weil das Wetter nicht allzu toll war),
machte uns das wenig aus. Wir wollten ja nur nicht in einem Stau
auf dem allseits beliebten Klettersteig unterwegs sein.
Ralle und ich legten unsere leichten Kletterkombinationen an und
verschnürten den Hans-Jürgen mit Ralles guter Kombination und einem
Brustgurt. Immerhin war der das erste Mal beim Klettern und es sollte
ihm ja nichts passieren.
Schon auf den ersten Metern im Steig merkten wir beide, dass wir
den Steig zu unspektakulär in Erinnerung hatten. Man läuft immer
genau auf dem Grat entlang, das heisst, sowohl rechts als auch links
fallen steile Flanken teilweise gute 500 Meter fast senkrecht ab.
Wo er gut zu gehen ist, ist der Steig nicht versichert. Erst wo man
richtig hinlangen muss, hat es Drahtseile zum Einhängen. Für jemanden,
der das das erste Mal macht, ist das freie Gehen auf dem Grat ziemlich
schwer. Wir hatten das irgendwie übersehen oder vergessen.
Der HJ tat sich dann auch recht schwer am Anfang. Nein, richtig Angst
hatte er wohl nicht, aber er bewegte sich überaus bedächtig und vorsichtig.
Was ihm zugute kam, war wohl seine Erfahrung auf dem Dach als Spengler,
sonst hätten wir wohl umdrehen müssen. Der Ralle ging voraus und
dirigierte ihn von vorne, wenn nötig, und ich ging hinterher, um
von hinten Schützenhilfe leisten zu können. Mit der Zeit bekam er
Erfahrung und Vertrauen in sich und in die Ausrüstung und machte seine
Sache sehr gut :-)
Nach knapp 4 Stunden hatten wir den Klettersteig hinter uns. Ich
war inzwischen etwas erschöpft. Die letzten beiden Tage und der anstrengende
Anstieg machten sich bemerkbar. Den ganzen langen Rückweg über das
Koblat (eine Art Hochebene) überlegte ich mir, ob wir nicht vielleicht
doch mit der Bahn wieder runter fahren sollten ...
Mein Vorschlag in der Richtung wurde empört abgelehnt. Viel zu teuer!
Und eine Leistung sei es dann ja auch nicht mehr! Gut, gut, gut.
Ich gab klein bei. Kein Mitleid mit den Schwachen gab es. Ich biss
die Zähne zusammen und wir machten uns an den Abstieg. 1300 Höhenmeter
am Stück absteigen. Über die (vermutlich) steilste Strasse im ganzen
Allgäu!
Natürlich schafften wir auch das. Ich stellte mit Genugtuung fest,
dass auch der HJ müde war. Meinem Lieblings-Allgäuer allerdings war
nichts anzumerken, obwohl auch ihm - wie er nachher zugab - die
Knie weh taten. Alles in allem waren wir 13 Stunden unterwegs und
legten rund 2000 Höhenmeter und einen Klettersteig zurück!
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