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Freitag, 03.03.2023: Messerschmieden

Montag, März 06, 2023

An diesem Freitag war es endlich so weit: das Weihnachtsgeschenk für den besten Allgäuer von Allen vom vorigen Weihnachten (also 2021) konnte eingelöst werden. Unser Termin zum Messerschmieden war gekommen.

Ich hatte mir ja im Vorfeld des Geschenks allerlei Gedanken gemacht, ob ich da mit will (Metall und Handwerk sind ja eher die Domäne des besten Allgäuers), ob ich das überhaupt aushalte (schlimme Erinnerungen an Muskelkater und übelste Ellenbogenentzündung nach dem Auseinandernehmen von irgendwas, wo ich den Zimmermannshammer vom Allgäuer benutzt hatte), ob ich das kann (Knick in der Optik, null Zielvermögen, keine handwerkliche Übung, etc.). Ohne mich wäre der beste Allgäuer aber mit irgendwem in einen Kurs gesteckt worden und irgendwie interessiert mich das halt doch. Nicht umsonst schauen wir immer wieder mal ‘Forged in Fire’.

Ich hatte aber vorsichtshalber mal nachgefragt und die Antwort war: “Und auch du schaffst das.”
OK, wenn der Fachmann das meint, dann wird das schon stimmen ;-)

Wir packten uns also in robuste Nicht-Outdoor-Kleidung (Wolle, Baumwolle, Leder statt synthetischer Materialien) und fuhren in ein kleines Dorf zwischen Aitrang und Friesenried zum ‘Blechernen Alex’. Das Wetter war wie die ganze Woche schon kalt und trist und trüb, grad Recht, um einen freien Tag irgendwo drin zu verbringen.

Der blecherne Alex und seine Frau Elke wohnen in einem alten Haus mitten im Dorf. Wir durften uns erst mal in die kleine Küche setzen und entscheiden, was wir machen wollen. Messertyp (Outdoormesser (mit 12cm eher kurz) oder Küchenmesser (mit um die 20cm eher lang)) und Klingenform erst mal. Wir bekamen um die 20 Messer in allen Variationen gezeigt, um zu sehen, für was wir uns da entscheiden. Wie üblich hatten der beste Allgäuer und ich unterschiedliche Vorstellungen davon, was schön und interessant ist und suchten uns unterschiedliche Klingenformen aus, er eine Normalklinge, ich eine Jagdmesserklinge, beide wollten wir ein Outdoormesser (darf man überall hin mitnehmen).


Die Schmiede


Drin hat es Werkzeuge und Geräte


Mehr Werkzeuge und Geräte


Und eine Alligatorhaut

Dann gingen wir rüber in die Schmiede und durften mit dem Aussuchen weiter machen: Stahlsorte und Griffe. Alex ist spezialisiert auf ‘historischen Stahl’, das ist Stahl aus irgendwelchen alten Kriegsgeräten, hat aber natürlich auch herkömmlichen Messerstahl im Angebot. Ich hätte ja aus Prinzip lieber ‘normalen’ Stahl gehabt, aber da wäre die Klinge hell geworden und ich mag ja gern Unterschiede, Struktur und Farbe, deswegen wurde es dann doch ein Stück historischer Stahl. Der beste Allgäuer nahm denselben Stahl: ein Stück aus dem Rohr einer Panzerhaubitze aus dem Ersten Weltkrieg. Alex hatte dazu dieses Bild an der Wand hängen.

Bei den Griffen suchten wir uns dann wieder völlig unterschiedliche Materialien aus. Ich nahm ein helles, krumm gewachsenes Holz mit Asteinschluss und hoffte auf viel Struktur, der beste Allgäuer nahm eine Geweihstange, weil das sein Messer noch einzigartiger machen würde.

Für den Anfang durften wir erst mal ein Mini-Übungsmesser aus Baustahl in unserem jeweiligen Stil schmieden. Wir lernten das Werkzeug kennen (genau 3 verschiedene Hammer) und in welchem Stadium man mit welchem Hammer wie aufs Metall hauen soll, um es dahin zu bewegen, wo man es haben will (Alex sagte: Metall verhält sich wie Knetmasse). Ich war als Erste dran und habe mich, fürchte ich, eher mäßig geschickt angestellt. Der beste Allgäuer machte seine Sache besser, hatte aber auch allerlei Probleme. Am Ende kam aber bei uns beiden etwas raus, was man tatsächlich als Mini-Klinge erkennen konnte :-)


Unsere Probestücke in der Esse


Andrea lernt Hämmern


Der Allgäuer kann schon Hämmern


Die fertigen Probestücke, links Andrea, rechts Allgäuer

Nach den Übungsstücken bereitete Alex den Messerstahl für unsere eigentlichen Klingen vor. Das sah cool aus, denn beim Teilen und Schleifen warf der Stahl Funken wie ein überdimensionierter Sternchensprüher :-)


Alex schneidet unseren Stahl zurecht


Daraus sollen unsere Messer entstehen. Oben Allgäuer, unten Andrea.

Dann begann das eigentliche Schmieden der Messer. Ich war wieder als Erste dran und suchte mir aus, den Erl meines Messers mit dem großen Federhammer zu schmieden (Ziel: Ellenbogen schonen). Das ist ein reichlich furchteinflößendes riesiges Gerät, mit dem Alex das flache Messerstück hinten eindellte und in die Länge zog. Ich hielt die Zange am hinteren Ende ;-)


Mein Stahl in der Esse


Am Federhammer


Erlspitze ausziehen


Der Stahl mit Erl

Dem vorbreiteten Erl sollte ich dann eine abgeflachte Spitze schmieden, was gefühlt katastrophal ablief, weil ich niemals richtig die Spitze traf, was, glaube ich, den Alex ein bisserl in die Verzweiflung trieb. Irgendwann war der Erl dann so, wie er sein sollte und wir machten uns ans Abflachen der Schneide. Das ging, abgesehen von einem völlig danebenen Schlag, den der Alex aber reparieren konnte, ganz gut.


Schneide hämmern

Das Geradeziehen der Klinge dagegen war dann schon wieder problematischer, denn da muss man mit einem abgerundeten Kreuzhammer auf das abgerundete Horn des Ambosses hauen und noch dazu nur die halbe Klinge treffen. Ich sag jetzt mal, das ging so mittelgut, aber der Alex konnte im Nachgang alle meine Fehlschläge ausgleichen :-)

Nachdem wir den Erl geradegezogen hatten, ging es darum, den Griff einzubrennen. Der Alex bohrte den Griff aus, dann wurde der Griff eingespannt und der glühend heisse Erl so lang immer wieder in den Griff gedrückt, bis der gesamte Erl drin steckte. Das produzierte eine ordentliche Rauchwolke ;-)

Zum Schluss dufte ich noch mein Kürzel in die Klinge hauen (die 105 der Panzerhaubitze ließ ich weg), dann wurde die Klinge noch mal erhitzt und schließlich in Öl abgeschreckt (eine sehr stinkige Angelegenheit). In der kurzen Pause danach gaben wir meine Klinge zum Anlassen bei Elke ab und gingen mit Kaffee zurück zur Schmiede. Nach der Kaffeepause war der beste Allgäuer dran.


Initialen einschlagen

Er entschied sich (wegen kalter Füße) dafür, seinen Erl per Hand zu schmieden. Das ging schneller, als wir gedacht hatten und der Allgäuer wurde vermutlich nicht mal richtig warm dabei. Das Schmieden seiner Klinge ging besser und schneller als meine, weil das Metall nicht so oft wieder erhitzt werden musste (stärkere und gezieltere Hammerschläge) und der Alex nicht so viele Fehlschläge reparieren musste.


Der Allgäuer schmiedet seinen Erl


Schneide formen


Der krumme Stahl mit Schneide in der Esse


Rücken abflachen, damit das Messer wieder gerade wird


Initialen einhämmern


Griffstück und fertig geschmiedete Klinge des Allgäuers

Das Einbrennen des Griffs in die Geweihstange war dann noch mal abenteuerlich, denn das organische Material produzierte zwar nicht ganz so viel Rauch, stank dafür aber bestialisch (fand ich, der Allgäuer fand es ganz OK). Nach dem Abschrecken seiner Klinge gingen wir für die Mittagspause zurück zum Haus.

Es gab Würstelgulasch mit Seele und es schmeckte prima. Nach einem Nach-dem-Essen-Kaffee gingen wir zurück zur Schmiede, um die Messer fertigzustellen.

Als Erstes wurde meine Klinge mit haufenweise Epoxidkleber in den Griff geklebt, dann durfte ich mich an diversen Schleifmaschinen damit abmühen, die Epoxidreste zu entfernen und dem Griff eine Form zu geben, während die Klinge des besten Allgäuers eingeklebt wurde. Der durfte dann auch noch ein bisserl schleifen, aber natürlich nicht so viel, weil die Geweihstange ja eh schon mehr oder weniger die Form hatte, die sie haben sollte.


Die Klinge wird eingeklebt (mit Seitendruck, damit sie gerade wird). Unten sieht man meinen Rohgriff.


Überschüssiges Epoxid abschleifen


Griff schleifen

Das helle Holz meines Griffes war dann tatsächlich schön gemasert (auch wenn ich auf mehr gehofft hatte) und netterweise blieb auch das Aststück im Griff. Zusammen mit dem dunkel abgesetzten Holz vor der Schneide sah das aber super aus :-)

Zum Schluss wurden die Griffe noch 3 Mal in Schellack getaucht und trocken gerieben. Das brachte die Holzmaserung und die Details der Geweihstange noch mal richtig schön raus.


Der Allgäuer muss weniger schleifen


Die beiden Messer auf dem Amboss. Links Andrea, rechts Allgäuer

Wir gingen zurück zum Haus, um uns dickes Leder (knapp ein halber Zentimeter) und Faden passend zum Messer auszusuchen. Mithilfe eines dünnen Kartons wurde am Messer eine Schablone für die Messerscheide abgemessen und dann aus dem dicken Leder ausgeschnitten. Der Alex ging dann die Messer schleifen, wir nähten Scheiden.

Das ging erstaunlich einfach. Die Scheiden wurden einfach mit einer Zwischenschicht am Rand zusammen geklebt und mit einer Naht versehen. Für die Naht ritzten wir eine Nut ins Leder, zeichneten mit einem Stichel Markierungen vor und bohrten dann an einer Standbohrmaschine kleine Löcher durch alle Schichten. Der dicke Wachsfaden bekam an beiden Enden eine Nadel und dann nähten wir mit dem Sattlerstich (und ein paar Knotenstichen zwischendrin) die Naht durch die vorgezeichneten Löcher nach.


Nut ins Scheidenleder schneiden


Scheide nähen

Am Ende wurden die Scheiden gewässert und um die Messer herum mit einem flachen Knochen angepasst. Die Scheiden mussten dann noch 3 Tage lang trocknen, um die Anpassung zu erhalten. Und dann waren wir fertig, sowohl die Messer und Scheiden als auch wir ;-)

Das war ein toller Tag und ganz und gar das nicht ganz wenige Geld für 2 Messer und Selber-Schmieden wert :-)

Ein bisserl nervig ist, dass man nie alles selber halten darf. Dadurch wird das Hämmern und Treffen noch schlechter als es (bei mir) eh schon ist, weil dadurch das gesamte eigene Körpergefühl (Propriozeption) ausgeschaltet wird. Ich verstehe durchaus, warum der Alex immer die Hand auf dem glühenden Eisen (800-1000 Grad sagt Wikipedia) haben will, einfacher wird das Ganze dadurch aber nicht.

Insofern ist ‘selbst-geschmiedet’ ein bisserl relativ. Mein Messer hat der Alex geschmiedet und ich habe ein paar Mal drauf gehauen. Das ist durchaus OK, denn ich hätte aller Wahrscheinlichkeit nach das richtige Messer ruiniert und es war auch so eine tolle Erfahrung. Der beste Allgäuer hat an seinem Messer deutlich mehr gemacht und hätte ganz sicher noch mehr und das gut machen können.

Die Messer sind aber trotzdem ganz und gar unsere (auch meins) und besonderer als alle anderen Messer :-)
Deswegen: Yay!


Messerparade Andrea: Probestück, Messer, Scheide


Messerparade Allgäuer: Probestück, Messer, Scheide

Von engel am 06.03.2023 20:25 • diary

Wow sehr cool, hab ich auch schon lang auf dem Schirm!

[1] Von Hannes am 10.03.2023 18:52

Ja, war wirklich sehr cool :-)

Mach mal und lass mich wissen wie’s war!

[2] Von engel am 10.03.2023 19:09

Hi ihr zwei,
Messer schmieden, tolle Sache! Die ganze Angelegenheit sieht ziemlich urig aus, genau wie Alex selbst und eure neuen Messer.
Beste Grüße Andi

[3] Von andi am 19.03.2023 10:23

Urig trifft’s gut :-)

[4] Von engel am 19.03.2023 17:49
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