Geschreibsel

 

Val d'Isere '98

Auch dieser Skiurlaub fängt an wie all die anderen Skiurlaube davor - mit einer grauenvollen Tortur, der gut 10-stündigen Fahrt in unserem Skibus.

In weiser Voraussicht haben wir uns mit allem eingedeckt, was bei so einer langen Busfahrt nötig sein könnte: Schokoriegel für den kleinen Hunger, Coke gegen den Durst, Sandwiches für den großen Hunger, Kaffee zum Aufwachen in der Früh - und anderthalb Liter Wein, um die Fahrt erträglicher zu gestalten und das Schlafen zu erleichtern.

Ganz wichtig sind auch die Nackenkissen, ohne die sich der geübte Busreisende nicht auf eine große Fahrt begibt. 'Ohne' führt jedes Nickerchen unweigerlich zur Genickstarre.

In bewährter Manier döse ich kurz nach Bregenz ein und schlafe - von den wenigen Unterbrechungen, wo der Bus anhält, abgesehen - durch die ganze Schweiz durch. In Annecy wache ich auf und kann in der Dämmerung den wolkenlosen Himmel hinter den hohen Berggipfeln erkennen. Es wird ein wunderschöner Tag werden - beste Aussichten für den Urlaub!

Voller Freude beobachte ich, wie der Himmel immer heller und blauer und strahlender wird, während wir uns durch die bekannte Landschaft über Albertville Moutiers nähern, wo der große Parkplatz ist, wo wir bestimmt ... Genau! In Moutiers schaltet der Busfahrer das Licht an und verkündet, daß wir jetzt ein Stunde Pause machen. Um mich herum regt sich und streckt sich und gähnt alles und versucht wach zu werden.

Der große Rastplatz ist gesteckt voll. Unsere beiden Rothermelbusse finden gaaanz weit hinten noch ein Plätzchen. Entsprechend weit ist der Weg zu den Toiletten. Wir haben Zeit uns umzugucken. Fast alle Busse sind aus Deutschland, ein paar kommen von Großbritannien und einige weinige aus den Niederlanden.

Wir nähern uns den Toiletten. Das Damenklo ist zwar noch nicht zu sehen, doch diese lange Schlange von Frauen kann nur eines bedeuten - irgendwo da hinten muß es sein. Ich stelle mich schon mal an, wir haben ja eine ganze Stunde lang Zeit ...

Zurück am Bus lassen wir uns unsere guten Sandwiches und den Kaffee schmecken und bewundern immer wieder die hohen Berge um uns herum, deren weiße Spitzen inzwischen schon von der Sonne angeleuchtet werden und die vor dem blauen Himmel einen phantastischen Skitag versprechen.

Hinter Bourg St. Maurice fängt der Skiurlaub richtig an. Die Paßbilder für die Skipässe werden eingesammelt und die Restbeträge für den 7-Tage-Skipass von den Pessimisten eingesammelt, die nicht an schönes Wetter geglaubt haben.

Es geht steil und kurvig bergauf. Erst ist noch alles grün, dann der erste Schnee (viel weiter unten als letztes Jahr!) - dann endlich die Staumauer vom Stausee von Tignes mit der Bellevarde, dem Wahrzeichen von La Daille, dahinter. Rechts spitzt schon La Grande Motte, das Gletscherskigebiet von Tignes, heraus ... noch zwei Tunnels und wir sehen vor uns La Daille mit diesen häßlichen Hochhäusern, in denen unsere Mini-Apartements liegen. Dann endlich erreichen wir Val d'Isere Village.

Die Busse parken und unsere Fahrer verschwinden, um die Skipässe zu organisieren. Um uns herum bricht Hektik aus. Schnell in die Skiklamotten! Dabei weiß jeder, daß die beiden Busfahrer wenigstens eine Stunde brauchen, bis sie wieder da sind.

Auch wir gehen raus, versuchen in dem allgemeinen Durcheinander unsere Tasche mit den Skisachen zu finden und ziehen uns um (Brrr, ist noch ganz schön frisch hier!). Dann graben wir die Ski aus und widmen uns der wichtigsten Sache beim Skifahren in dieser Höhe: Dem Sonnenschutz. Sorgfältig wird jedes freie Fleckchen Haut mit Sonnencreme (LSF 20) behandelt. Leidvolle Erfahrung hat uns gelehrt, daß man hier auch an den unmöglichsten Stellen (hinter dem Ohr, im Ohr, unter der Nase, im Haaransatz, ...) gräßliche Verbrennungen kriegen kann.

Dann heißt es warten. Erst jetzt haben wir Zeit, uns umzugucken. Leider entdecken wir nur wenige bekannte Gesichter. Es ist nett, sich mal wieder mit den Leuten zu unterhalten, die man nur einmal im Jahr sieht.

Endlich erscheinen unsere Busfahrer mit den Skipässen - es kann losgehen!! Auf ins schönste Skigebiet der Welt!

Val d'Isere und Tignes - L'Espace Killy, nach dem Skifahrer Jean-Claude Killy - geben sich selber den Titel 'Le plus bel espace du ski du monde' - Das schönste Skigebiet der Welt. Schön ist es, da haben sie recht. Das gesamte Skigebiet erstreckt sich über drei große und zwei kleine Bergzüge und umfaßt 5 große und 5 kleinere Täler. Der tiefste Punkt, Tignes Les Brevieres, liegt auf 1550m und der höchste Punkt, die Gipfelstation auf der Grande Motte, auf 3450m. Es hat unzählige Skilifte, Sessel-, Gondel- und Seilbahnen und sogar zwei 'U-Bahnen'. Alles in allem sind es so viele Pisten, daß es unmöglich ist, sie in einer Woche alle zu fahren. Kurz - ein Paradies für Skifahrer und Snowboarder.

Wir haben beschlossen, mit dem Skifahren zu beginnen. Eigentlich sind wir ja von der Busfahrt noch recht geschlaucht und wollen es langsam angehen lassen. Doch kaum sind wir auf den Pisten und haben die ersten Schwünge in dem exzellenten Schnee gemacht, gibt es kein Halten mehr - rein ins Vergnügen!

Ralle kämpft seit dem letzten Jahr mit den letzten Feinheiten des Skifahrens und diesmal 'schnackelt' es endlich. Schwarze Buckelpisten? Kein Problem mehr, er steht sicher. Wir stürzen uns mit Elan die steilen Hänge runter! Die ersten drei Tage vergehen wie im Flug. Das Wetter hält, jeden Tag Sonne und strahlend blauer Himmel (daheim hat's Sauwetter berichten einige unserer Mitfahrer). Unsere anfängliche Blässe im Gesicht weicht erst einer leicht ungesunden Röte und dann der üblichen Skiurlaubs-Maske: Schönes tiefes Braun mit hellen Ringen um die Augen - ohne Sonnenbrille geht hier oben nichts.

Am vierten Tag steigen wir auf die Snowboards um. Erst mal geht nix - die Bewegung ist so anders. Aber dann 'schnackelt' es auch hier - dem Tiefschwung sei Dank - und wir sausen in schöner Eintracht die besten Pisten runter - solange die Muskeln mitmachen. Meine Skimuskeln hatten Jahre Zeit stark zu werden, doch meine Boardermuskeln sind noch im Aufbau. Ralles starke Männerbeine haben da keine Probleme.

Auch die nächsten drei Tage sind bald rum. Abends sind wir meistens so müde, daß wir schon ziemlich bald ins Bett fallen. Apres Ski? Nöö, das ist nix für uns. Soviel Energie bringen wir abends nicht mehr auf. Unser bisheriges Apres Ski Vergnügen - ein Warsteiner Stand mit einer supernetten schwarzen Besitzerin - hat leider geschlossen und die Nachfolgerin hat leider nur grottenschlechtes Bier. Da halten wir uns dann doch lieber an den französischen Wein.

Am letzten Tag steigen wir noch mal auf die Ski um. Das hat auch damit zu tun, daß sich wegen des schönen und leider etwas zu warmen Wetters der Schnee sehr gesetzt hat und an vielen Stellen nachts zu harten Eisplatten gefriert, die auch tagsüber nicht auftauen, weil in den letzten beiden Tagen ein kühler Wind aufgekommen ist. Harte Pisten sind meiner Meinung nach mit Skiern besser zu fahren. Ralle denkt zwar anders, will aber seine Skitechnik noch mal vertiefen.

Abends um 19.00h sollen wir unser Gepäck am Bus abgeben und um 21.00h soll's dann Richtung Heimat gehen. Eigentlich sind wir froh, den so schön so ein Skiurlaub ist, nach 7 Tagen hat man an allen Ecken und Enden kleine Wehwehchen und Blessuren, die Muskeln sind teilweise überanstrengt und die Gelenke wollen nicht mehr so recht. Es war super, aber wenn's vorbei ist , ist es auch schön, wäre da nicht noch mal diese Tortur der 10-stündigen Busfahrt ...

Aber auch das geht vorüber. Die Heimfahrt ist zwar aus irgendeinem Grund schlimmer als die Herfahrt und nicht mal ich kann da richtig schlafen, aber irgendwann sind wir doch daheim und wir fallen ins Bett, um uns richtig auszuschlafen.

Super war's! Val sieht uns bestimmt nächstes Jahr wieder!

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