EngelChronik 2010 - Chile

San Pedro de Atacama

05.06.2010

Der Einkauf in der Mall von Calama war ein Erlebnis für sich. Der Plan war, für etwa eine Woche Zelten für 4 Leute Essen und Getränke zu kaufen und ein paar Dinge für die Bequemlichkeit und gegen die Kälte (wir hatten Sorge, dass uns in den höheren Lagern das Wasser einfrieren würde) zu besorgen. Wir hatten zwar schon eine Einkaufsliste von daheim mitgebracht, aber im Einkaufszentrum hatte ich dennoch nicht das Gefühl, dass die Besorgungen in irgendeiner Form organisiert abliefen.

Claudine und Yak, bekennende Gerne-Einkäufer (im Gegensatz zu Ralle und mir), sausten hierhin und dorthin und brachten dies und das und jenes mit und warfen allerlei Zeug in die Wägen, das sich dort schön langsam zu erstaunlichen Höhen stapelte. Wobei vor allem die Getränke und das Wasser wirklich viel Platz brauchten. Neben den Lebensmitteln leisteten wir uns 4 kleine Hocker, eine Kühlbox, diverses Küchenzeugs und einen Grill. Wir liefen mit 2 komplett vollgepackten Wagen vor der Kasse auf, sehr beeindruckend. Die Chilenen rund um uns rum schoben allerdings ähnlich beladene Gefährten umher.

Was wir nicht bekommen hatten, war das Styropor, um das Wasser vor dem Einfrieren zu schützen. Wir waren gar nicht sicher, ob wir das wirklich brauchen würden, aber bei den zu erwartenden Nacht-Temperaturen von (deutlich) unter -10 Grad, schien es nicht unwahrscheinlich, dass uns da irgendwas einfrieren würde.

Nach etwa 2 Stunden waren wir durch und hatten die gesammelten Einkäufe in den Autos verstaut (kein leichtes Unterfangen). Auch wenn das für Yak unverständlich schien, hatte sich beim Rest von uns ein ausgeprägter Kaffee-Defizit eingestellt, den wir beheben wollten. Vor allem da es zum Frühstück lediglich Nescafé gegeben hatte.

Im oberen Stockwerk der Mall war der Food Court (und ja, das hatte alles genau diese englischen Bezeichnungen), wo sich gleich am Anfang ein Wendy's mit einem grossartig aussehenden riesigen Kaffee-Automaten befand. Die Dame hinter der Theke war so früh (Mittag) noch nicht ganz fertig mit dem Öffnen, nahm aber unsere Bestellung von 3 Cafe con Leche und 2 Käsekuchen entgegen. Während wir die weitere Planung und die Akklimatisation durchgingen, wuselte sie geschäftig durchs Restaurant.

Schliesslich stellte sie 3 Tassen, eine Kanne heisse Milch und ein kleines Schälchen mit braunem Pulver auf den Tisch. Nescafe? Nescafe! Wir versuchten zu erklären, dass wir eigentlich einen Kaffee aus der tollen grossen Maschine da hinten im Eck haben wollten, doch diese Diskussion endete damit, dass wir ein weiteres Schälchen bekamen in dem das Kaffee-Pulver aus der Maschine war. Auch der nächste Versuch, zu erklären was wir eigentlich wollten, scheiterte. Nach einem Mini-Schlückchen des gruseligen Heisse-Milch-Nescafe-Gemischs liessen wir alles stehen, zahlten und gingen. Den vergessenen Käsekuchen forderten wir gar nicht erst ein.

Claudine und Yak fuhren wieder vorneweg (womit dann deren Navigatoren-Status mehr oder weniger besiegelt war) und wir wanden uns mit nur wenigen Schleifen aus Calama hinaus auf die Strasse nach San Pedro. 100 Kilometer beinahe geradeaus durch Sand, immerhin geteert - wobei uns da noch nicht klar war, dass das erwähnenswert ist. Ralle fuhr unser Auto, ich spielte mit den beiden GPS herum.

Die OSM-Karte von Chile für das Strassen-Navi hatte zwar diese Strasse und zwei grössere Abzweigungen drauf, zeigte sich aber nicht Routing-fähig und versagte bei den Details kläglich. Nunja, einen Versuch war es wert. Die Garmin-Karte auf dem Wander-GPS war zwar wunderbar detailliert was die Gegend anging, aber zur Strassen-Navigation schien sie nicht geeignet (was im Nachhinein betrachtet wohl daran lag, dass ich mit dem GPS noch nicht ganz umgehen konnte). Somit blieben zur Wegfindung nur die Reiseführer und die Papier-Karten, die Yak besorgt hatte. Die schienen auch gut genug, um damit etwas anfangen zu können. Der Rest der Technik, die beiden Walkie-Talkies von Yak, funktionierte prima.

Ein Stück vor San Pedro de Atacama hat man von einer Anhöhe aus einen schönen Blick über den Salar de Atacama und die Cordillera del Sal davor. Ich hatte schon die ganze Zeit das Gefühl gehabt, dass es für eine Wüste seltsam dunstig war, beim Blick da hinunter verstärkte sich der Eindruck. Statt klarem Blick in unendliche Weiten verschwanden die weiter entfernten Berge in einem Schleier. Erst ganz am Ende des Urlaubs wurde dann klar was das war: Kein Dunst, sondern Staub!

San Pedro de Atacama glänzt durch Einbahnstrassen, für Autos gesperrte Strassen und haufenweise Mauern, die die Häuser dahinter vor Staub schützen sollen. Entsprechend schwierig ist die Orientierung, so dass Claudine und Yak rechte Probleme hatten ins Zentrum zu finden. Nicht dass das Zentrum so besonders gross ist, San Pedro ist eher ein Dorf, aber man fährt erst mal ständig drumherum.

Schliesslich fanden wir uns in einer Strasse wieder, in der es Hostal an Hostal hatte. Wir beguckten uns 2 und nahmen dann 2 Zimmerchen mit Frühstück in dem Hostal, wo wir die Autos direkt vor den Zimmern parken konnten.

Die grosse Touristen-Attraktion von San Pedro de Atacama ist das Valle de Luna in der Cordillera del Sal, wo die Salz-Felsen vom Abendlicht in wunderbare Farben getaucht werden sollen. Das schien genau der richtige Einstieg für den eigentlichen Urlaub (bisher war ja alles noch Anreise und Organisation), so dass wir uns nach einem Snack im Hostal auf den Weg in die Cordillera del Sal machten.

Wir nahmen alle zusammen unseren Wagen. Ich fuhr, irgendwann musste ich mich ja auch mal mit dem Auto vertraut machen (Übung mit der Karre war auch nötig, die Kupplung war restlos fertig und die Handbremse funktionierte praktisch gar nicht). Wir hatten noch einige Zeit bis zum Sonnenuntergang, daher bogen wir auf die erstbeste Strasse in die Cordillera del Sal ab, um mal Jeep-Fahren zu üben.

So im Nachhinein kann ich sagen, dass das keine allzu schlechte Piste war, man musste nur gelegentlich ein paar ausgewaschenen Stellen ausweichen, sonst war es ganz gut zu fahren. Für eine allererste Offroad-Piste allerdings kam mir das ziemlich cool vor und ich hatte Spass dran der sehr gewundenen Trasse durch die bizarr geformten Salzstrukturen zu folgen. Ein paar mal hielten wir an, um die abenteuerlichen Salzfelsen auch zu Fuss zu erkunden.

Wir folgten der Stasse bis mitten hinein in die Cordillera, wo es erst eine sehr sehr sandige, sanft geneigte Fläche zu queren galt (Ralle: 'Gas geben! Auf keinen Fall anhalten! Gas! Gas!'), bevor wir bei mehreren Trucks und Vans vor einer riesigen Sanddüne anhielten. Mehrere Leute stapften langsam und mühsam die Düne hinauf, lange Bretter unter dem Arm, unten standen andere beinander und unterhielten sich angeregt. Mir wurde erst klar, was da los war, als sich von oben jemand auf einem der Bretter mehr oder weniger geradeaus die Düne hinab stürzte. Sandboarder!

Man musste nur kurz zuschauen, um den Mut oder den Irrsinn der Boarder zu bewundern. Die standen lediglich mit Turnschuhen und Schlappen in Snowboard-Bindungen für Softboots (was genau genommen bedeutete, dass es unmöglich war, das Board zu steuern) und hatten teilweise nicht mal langärmelige Sachen an. Kurven schafften nur die wenigsten, dafür gab es erstaunliche Akrobatik zu sehen, die jeweils in einer grossen Staubwolke endete. Aua! Ich vermute Eispistenfahren mit einem Snowboard ist einfacher.

Wir stiegen ein Stück am Rand der Düne hinauf und dann wieder hinab. Reichlich anstrengend, so ein Dünenspaziergang auf knapp 3000 Metern!

Unsere Strasse schien am Rand der Düne entlang zum oberen Auslauf des Tal zu führen. Autospuren gab es da zwar nur wenige, aber da war ganz eindeutig eine Trasse zu erkennen. Die könnte wieder auf die Strasse zum Valle de la Luna führen, dachten wir uns und machten uns auf den Weg. Hier war es deutlich steiler als bisher und es dauerte nicht lang, dann hatte ich den X-Trail im Sand festgefahren. Nach vorn ging nichts mehr, ich konnte nur noch rückwärts rollen.

Auch der Ralle - viel eher geneigt so einem Auto einiges zuzutrauen - kam nicht viel weiter. Dann halt nicht. Wir wanden uns wieder zurück zur Teerstrasse und nahmen den normalen Weg zum Valle de la Luna. Auf halbem Weg sahen wir viele Leute auf dem Rand einer Klippe stehen. Da da auch eine Piste hinführte, nahmen wir die auch gleich noch mit, was uns einen interessanten Überblick über einen anderen Teil der Cordillera del Sal bescherte.

Für das Valle de la Luna waren wir dann aber zu spät dran, mussten wir feststellen. Das Valle kostet Eintritt und die junge Dame an der Schranke meinte, das lohne heute nicht mehr. Angesichts des vielen Spasses, den wir bereits gehabt hatten schien uns das gar nicht allzu schlimm und der Urlaub war ja noch lang. Zudem hatte es eigentlich zu viele Wolken für einen ordentlichen Sonnenuntergang, dachten wir.

Was für eine Fehleinschätzung! Gerade als wir wieder die Cordillera del Sal queren wollten, tauchte die Sonne unter den Wolken auf und senkte sich zum Horizont. Wir sausten auf eine nahegelegene Anhöhe und bestaunten einen der beeindruckendsten Sonnenuntergänge, die wir bisher erlebt haben. Die Wolken schienen Feuer zu fangen und der Himmel schien zu brennen, es waren schier unglaubliche Farben. Und nein, keines der Bilder ist bearbeitet.

Zurück in San Pedro spazierten wir einmal die Fussgängerzone rauf und runter und entscheiden uns dann für ein Restaurant, in dem in einem Innenhof ein grosses offenes Feuer loderte. Das sah zwar sehr hübsch aus, doch wir waren zu weit weg vom Feuer, um von der Wärme zu profitieren. Die nigelnagelneuen Daunenjacken, die wir uns endlich geleistet hatten, zahlten sich zum ersten Mal aus. Es war trotzdem gemütlich, auch wenn das Essen mit den Erwartungen nicht ganz Schritt halten konnte.

Bilder:
Im Einkaufstress.   Vollgeladen.   Der erste Blick auf den Salar der Atacama in der Atacamawüste.   Die Strasse nach San Pedro de Atacama durch die Cordillera del Sal.   In der Cordillera del Sal.   Salzsteinformationen.   Blick über die Cordillera del Sal bis hinter zum Licancabur.   Todesmutiger Sandboarder.   Auf der grossen Düne in der Cordillera del Sal.   Dramatischer Himmel vor dem Sonnenuntergang.   Schattenriss.   Sonnenuntergang.   Die Hauptstrasse von San Pedro de Atacama bei Nacht.   Die Kirche von San Pedro de Atacama bei Nacht.  

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