EngelChronik 2010 - Chile

Lagunas Miniques und Miscanti

06.06.2010

An sich hätte es in unserem Hostal ab 08:00h Frühstück geben sollen, aber wir hatten am Vorabend ein kleines Cafe entdeckt das mit Frühstück ab 7:30h prahlte. Der Tag sollte lang werden, da konnte es nicht schaden früh zu starten.

San Pedro war wie ausgestorben, als wir die kurze Fussgängerzone einmal rauf und einmal runter gingen. Ausgestorben war auch das Cafe mit dem angeblich so frühen Frühstück. Wir drehten eine Runde über die Plaza mit der Kirche und kehrten zum Hostal zurück.

Da mussten wir nicht lang warten und es gab ein ziemlich gutes Frühstück mit aufgebackenen Flachsemmeln, Käse, Schinken, Butter, Marmelade, heisser Milch ... und Nescafe. Das sollte sich durch den Rest vom Urlaub ziehen. Südamerika ist zwar der grösste Kaffee-Exporteur der Welt (zugegeben nicht Chile), aber das lange Land am westlichen Rand des Kontinents kennt fast nur Nescafe :-( Das Frühstück war sogar im Zimmerpreis inbegriffen, was wir beim Einchecken gestern irgendwie nicht mitbekommen hatten.

Da unser Auto eh schon weitgehend ausgeräumt war, starteten wir mit diesem Auto zu unserem Sightseeing-Akklimatisations-Ausflug. Nachdem wir aus San Pedro rausgefunden hatten, ging es erst mal geradeaus am Salar de Atacama entlang nach Toconao. Danach zweigt eine Strasse zu einem Fleck offenen Wasser im Salar ab, wo man laut Reiseführer von einem Turm aus ganz toll Flamingos beobachten kann.

Wir waren schon abgebogen, als wir auch den Nachsatz lasen: die besten Chancen auf Flamingos bestehen Nachmittags. Also wurde nochmal fix umdispisponiert und wir fuhren weiter Richtung Lagunas. Nachdem wir den riesigen Salar beinahe abgefahren hatten, bog die Strasse endlich auf die sanft geneigte Ebene zum Hochland ab. Das mit dem 'sanft geneigt' ist aber eine optische Täuschung, weil dort alles so weitläufig ist, wir kamen relativ schnell nach oben.

Hinter Socaire ging die Teerstrasse in eine Piste über (die zwar breit aber ziemlich 'geriffelt' ist) und schraubte sich in mehreren weiten Kurven bis auf 4000 Meter hinauf. Dem Wagen machte das recht wenig aus, aber wir mussten ganz schön schnaufen, als wir zwischendrin mal ausstiegen, um in einem bizarr ausgewaschenen Wasserlauf umher zu steigen.

Nachdem wir eine (schon wieder erstaunlich weitläufige) Hochebene gequert hatten, wand sich eine kleine Seitenstrasse zu den Lagunen empor und führte vor einen Schlagbaum, neben dem ein kleines Häuschen stand. Hier mussten wir pro Person 2000 Pesos zahlen und uns wurde anhand eines Modells erklärt, wo wir fahren und laufen durften.

Eigentlich nirgends ausser auf den ausgezeichneten Wegen, was den Plan, da oben zu Akklimatissationszwecken noch irgendwo auf ein Hügelchen zu schleichen, umgehend nichtig machte. An der vorderen Lagune (Miscanti) führte kurzer Weg vom Parkplatz in die Nähe des Wassers, aber ausser ein paar schwarzen Vögeln war leider wenig zu sehen. Keine Flamingos, keine Vikunas, nix.

Wir gingen zum Auto zurück und guckten einer Gruppe Mountainbiker zu, die eben von dern zweiten Lagune (Miniques) zum Parkeingang hinauf radelten. Mountainbiken auf 4600m, da muss man schon ganz schön gut akklimatisiert sein! Diese Jugendlichen waren das offensichtlich nicht, denn direkt vor uns fiel ein Mädchen vom Rad und rührte sich nicht mehr. Nach einiger Aufregung war klar, dass das Mädchen nicht mehr radeln konnte. Genau genommen konnte sie nicht mal mehr richtig gehen. Wir boten an, sie zum Bus hinauf zu fahren, was gerne angenommen wurde. Ralle fuhr, ich sass hinten neben ihr und hoffte, dass sie nicht gleich wieder umkippen würde. Ich habe selten jemanden gesehen der elender aussah.

Wir lieferten das Mädchen ohne Zwischenfall bei ihren Betreuern ab (sie musste fast in den Bus getragen werden) und hofften, dass dort dann genügend medizinisches KnowHow und Medikamente vorhanden war, um wenigstens die schlimmsten Symptome zu lindern. Dass sie schnellstmöglich in tiefere Lagen gebracht werden musste, schien klar. Das war ein eindrücklicher Beweis dafür, dass mit Akklimatisation nicht zu spassen ist.

Auf dem Weg zur zweiten Lagune sammelten wir Claudine und Yak wieder ein, die inzwischen in diese Richtung marschiert waren, und fuhren zum Parkplatz. Viel mehr als auf dem Parkplatz rumspazieren konnten wir dort dann auch nicht machen, aber immerhin hielten sich an dieser Lagune einige Vikunas auf und liessen sich gerne fotografieren.

Da wir nun noch so viel Zeit hatten, überlegten wir, noch zur Laguna Leija hinauf zu fahren, von der Yak wusste, dass einem niemand dort das Rumspazieren auf den umliegenden Hüglen verbieten würde. Schön sei es auch dort, meinte er. Auf der Karte führte eine Piste direkt von Socaire zur Laguna Leija hinauf und wenn man dann mal dort wäre, liesse sich mit wenig Aufwand ein 4000er besteigen. Na, das war doch mal was :-)

Bisher war der Ralle gefahren, nun sass ich hinter dem Steuer. In Socaire fanden wir die Abzweigung problemlos. Ralle stellte noch kurz zur Debatte, ob uns der Sprit reichen würde. Nach kurzem Überschlagen von Strecke und Verbrauch waren alle sicher, dass wir da kein Problem bekommen würden.

Auf der Karte war diese Strasse nicht viel anders eingezeichnet, als die zu den Lagunas hinauf. Die dünne schwarze Line beinhaltete aber mehr Abstufungen als wir blauäugig angenommen hatten. Die Piste wurde bald schmal und schmaler und es lagen immer wieder grössere Steine auf der 'Fahrbahn'. Meistens reichte die Bodenfreiheit des X-Trial aber aus.

Dann ging es auf einer ziemlich schrägen sandigen Piste in engen Kehren in einen Wasserlauf hinein und auf der anderen Seite wieder hinaus. Da war es mir entschieden unwohl, aber sowohl der X-Trial als auch ich meisterten die Schwierigkeiten problemlos. Kurz drauf sahen wir endlich Büßereis. Ein winziges Feld mit klitzekleinen Eisspitzen. Claudine und ich hatten uns beide gewünscht, mal Büßereis zu sehen und waren hochzufrieden.

Bis zum Pass vor der Laguna Leija war es nicht mehr weit, doch der Weg hinab zur Lagune blieb uns verwehrt. Man konnte entweder über eine sehr steile und schräge Sandpiste hinabfahren oder das Auto über deutlich grössere Büssereisfelder schicken. In beiden Fällen wären wir wohl runter gekommen, aber nicht mehr hinauf. Da wir in den 2 1/2 Stunden seit Socaire kein Auto getroffen hatten, wollten wir kein Risiko eingehen.

Vom Pass aus liess sich der El Vallecito, 4252m, mit etwa 100 Höhenmetern besteigen. Das schien genau richtig als Akklimatisationsberg. Erst aber gab es frisch zubereitete Sandwiches zur Stärkung. Im Auto, weil es draussen einen ziemlich heftigen Wind hatte.

Es dauerte nicht allzu lang, den El Vallecito zu besteigen, es war aber ziemlich frisch und windig. Für den Rückweg stand zur Debatte, nach Socaire und am Salar de Atacama zurück zu fahren oder über Tumbre und Talabre direkt nach Toconao zu fahren. Da die Piste nach Socaire so schlecht war und weil es uns in neue Gegend führen würde, entschieden wir uns für die zweite Möglichkeit.

Obwohl die Piste hier als viel besser eingezeichnet war als das Strässlein von Socaire hier hinauf, nahmen sich die beiden Pisten nichts. Kurz drauf erfüllte sich Claudines und mein Wunsch nach Büssereis mehr als uns lieb war. Immer wieder fand sich welches auf der Piste und es war ganz und gar nicht mehr so klein und niedlich wie das erste, auf das wir gestossen waren. Und nicht immer liess sich das Eis neben der Piste umfahren. Umdrehen war inzwischen keine Option mehr, da würde uns dann der Sprit ausgehen.

Als kurz vor dem nächsten Pass ein langes Stück Strasse komplett von Büssereis bedeckt war, stiegen wir erst mal aus und beguckten uns die Sache. Aussen herum fahren war keine Option. Da blieb nur drauf halten und durch! Das klappte viel besser als ich erwartet hatte :-)

Danach liess die Eisbedeckung schnell nach, aber die Piste zog sich endlos hin. Besser wurde sie auch nicht, so dass wir nicht recht voran kamen, obwohl der Ralle aus dem Wagen rausholte, was auf der unebenen Piste möglich war. Tumbre bestand aus ein paar verfallenen Häusern, Talabre Viejo sah nicht besser aus. Erst als wir Talabre vor uns sahen, hatten wir wieder das Gefühl, in der Zivilisation angelangt zu sein. Was man auch gleich an der Piste merkte, die war nämlich plötzlich glatt und gut zu fahren.

Hier ging dann auch die Sonne unter und tauchte die Landschaft in ein derart unwirkliches Licht, dass es kaum zu fassen war. Wir schossen Bilder um Bilder und sogar mein kleiner Klicki-Foto produzierte Unglaubliches :-)

Zurück nach San Pedro de Atacama fahren war auch im Dunklen ein Kinderspiel. Wir waren uns alle einig, dass zukünftig solch abgelegene Touren nur mit 2 Autos unternommen werden dürfen. Hätten wir da oben eine Panne gehabt, wären wir wohl 2 Tage marschiert, bevor wir auf Leute und Hilfe gestossen wären. Die Weitläufigkeit und Abgeschiedenheit der Gegend hier unterschätzt man allzu leicht.

Bilder:
Die Kirche von San Pedro de Atacama.   Weitläufige Landschaft beim Salar de Atacama.   Die Häuser von Socaire vor dem Vulkan Miniques.   Spaziergang durch einen ausgewaschenen Wasserlauf.   Die Meisterfotografen vor dem Miniques.   Auf der Hochebene vor den Lagunas.   Das Modell der beiden Lagunen im Schlagbaumhäusl.   Die Laguna Miscanti vor dem Vulkan Miscanti.   Die Laguna Miniques vor dem Vulkan Miniques.   Vikunas und Anden-Enten vor/in der Laguna Miniques.   Einzelnes Vikuna (mit dem Vikuna-typischen Lächeln im Gesicht).   Der erste Büßerschnee neben der Piste.   Blick auf die Laguna Leija.   Am   Das erste ernsthafte Büßereisfeld auf der Piste nach Talabre.   Sonnenuntergang auf der Hochebene bei Talabre. Hinten die Cerros de Saltar.   Wolken über dem Vulkan Lascar, Cerro Tumisa und Cerro Corona.   Wolken im Sonnenuntergang.  

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