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Rimpfischhorn

Montag, Mai 07, 2007

Wir stehen so früh auf wie am Vortag, nämlich um 4:30h. So sind wir schneller beim Frühstück, was das Problem mit dem dringend nötigen zweiten Kaffee zufriedenstellend löst. Dafür brauchen wir nach dem Frühstück länger als der Rest der Truppe, so dass wir uns alle um etwa 5:30h vor der Hütte treffen.

Wir fahren ab, der Rest geht zu Fuss, was - das muss wohl mal erwähnt werden - genauso schnell geht, wie das ‘Abfahren’, das im Wesentlichen aus Querrutschen auf hartgefrorenem Firn und Skitragen über die unvermeidlichen Felsen besteht. Auf dem Hohlaubgletscher treffen wir uns alle wieder. Wir fellen auf, die anderen schnallen an. Durchzählen ...  einer fehlt! Klar, der Yak mal wieder. Damit klärt sich auch das Missverständnis vom Vortag: 9 warteten auf einer Seite des Gletschers, einer auf der anderen. Ohne Sichtkontakt. Dumm gelaufen.

Diesmal haben wir aber gesehen, wohin sich der Einzelne gewandt hat und so treffen wir uns kurz drauf auf der anderen Seite des Hohlaubgletschers. Zu Zehnt stapfen wir den langen Allalingletscher hoch, im Prinzip bereits so aufgeteilt, wie wir nach der Abzweigung Allalinpass-Adlerpass weiter gehen wollen. Die ganz schnellen (Krümel, Uwe, Ralle) vorneweg, Yak und ich ein Stück hinterher, weiter hinten die die Strahlhorntruppe.

Einmal treffen wir uns noch, dann gehen die einen geradeaus weiter, wir steigen rechts hinauf zum Allalinpass. Die Sonne steht höher, es geht kein Wind, es wird unglaublich heiss. Morgens um 8 auf 3500m! Neben uns steigt eine grosse Seilschaft (8 Leute an 2 Seilen) mit einem sehr ansehnlichen wuschelhaarigen Bergführer auf.

Am Pass treffen wir uns. Die Seilschaft macht Pause, wir seilen uns an und überlegen wo es weiter geht. Vor uns zieht sich die erste Felsrippe vom Rimpfischhorn auf den Mellichgletscher. Die Anweisungen aus dem Führer sind leider zweideutig: ‘unterhalb queren’ und ‘bei etwa 3660m queren’. Schwierig. Unterhalb hiesse mindestens 100 Höhenmeter absteigen, 3660m ist aber über uns.

Da die Seilschaft sich nach oben wendet, folgen wir. 3660m ist eine klare Angabe ;-)

Als wir auf der Felsrippe ankommen, haben wir ein kleines Problem: auf der Rückseite der Rippe ist ein etwa 10 Meter hoher Felsabbruch zu überwinden. Umdrehen? Noch mehr Höhenmeter verschenken? Nein! Der Führer der Seilschaft seilt seine Leute ab, das scheint uns ebenfalls die beste Lösung, allerdings seilen wir uns alle selber ab. Nur der jeweils letzte (bei uns der Uwe, bei den anderen der Bergführer) hat ein Problem, der muss nämlich ohne Sicherung absteigen. Das klappt aber bei beiden gut.

Die Querung der zweiten Felsrippe ist problemlos mit Skiern möglich. Wir folgen den vielen Spuren darüber und stehen vor dem letzten Hang zum Skidepot. Boah! Was für ein Anblick! Der Hang gefällt mir gut (wird bestimmt wunderschön zum Abfahren), aber die letzten 200 Höhenmeter Felsen machen mir Sorgen. Da hinauf? Mit Skistiefeln?

Naja, das muss man wohl von oben betrachten und beurteilen. Wir steigen auf, langsam, als Seilschaft. Ich hasse Gehen als Seilschaft. Die kann noch so langsam gehen, mein Rhythmus ist garantiert anders und ich muss mich noch mehr quälen als ich mich in der Höhe sowieso quälen muss. Bis etwa zur Hälfte des Hanges zum Skidepot geht das Gehen ganz gut, dann setzt mir die Höhe zu. Ich müsste eigentlich immer wieder stehen bleiben und verschnaufen, aber weil Seilschaft geht das nicht. Auch als Yak, unser Seilerster, noch ein Stück langsamer wird (Krümel, sowieso völlig unausgelastet, erzählt später, dass sie fast eingeschlafen wäre. Bah!), muss ich mich quälen, ich kriege einfach nicht genug Luft!

Das Wetter spielt leider auch nicht so mit, wie es sollte. Wolken ziehen auf, es wird düster, als wir die grosse Spalte oben queren fällt sogar Schnee, erst in winzigen Flöckchen, dann dicker und dichter.

Endlich am Skidepot jammere ich, dass ich unten blieben will, nicht hinauf will und auf die anderen warten will. Ralle grinst sich eins und wartet, bis ich wieder Luft kriege. Natürlich gehe ich mit! Das Wetter hat sich inzwischen wieder eingekriegt und so steigen wir mit den letzten Schneeflocken aber mit Sonnenschein die steile Firnrinne zum Gipfel hoch.

Nach der ersten Firnrinne geht es nach links über ein paar Felsen, ein kleines Schneefeld und dann ein weiteres Firnfeld hinauf. Das ist sehr steil und fällt nach unten noch steiler ab, direkt in den Abbruch über dem Aufstiegshang. Hinauf ist zwar anstrengend, aber nicht weiter schwierig, genauso wie die Felsen danach, an denen sich ein ziemlicher Stau gebildet hat. Mindestens 3 Seilschaften steigen ab, und 13 Leute (wir und unsere Vorgänger-Seilschaft) steigen auf. Alle müssen durch dieselbe Engstelle, ein Wunder, dass das alles doch halbwegs reibungslos klappt.

Inzwischen hat es doch wieder zugezogen und angefangen zu schneien. Jetzt fehlen aber nur noch ein Firngrat und die letzten Meter bis zu unserem höchsten Berg. Die schaffen wir auch noch und dann sind wir oben. 4198m! Während wir uns da oben noch feiern, steigt die Vorgänger-Seilschaft wieder ab. Schön ist es ja nicht grad am Gipfel, Nebel, Schneetreiben, nass und sehen kann man auch nichts. Uwe ist ganz enttäuscht, dass er den 1000-Meter-Tiefblick gradaus runter auf den Adlerpass nicht bekommt.

Wir gehen also auch, aber der Abstieg erweist sich als problematisch. An der Engstelle vor dem steilen Firnfeld - das wir wegen mir und meinem Bammel vor der Steilheit sichern wollen, hach, die sind alle so nett zu mir :-) - staut es sich. Wir warten. Es schneit. Und wir warten. Und es schneit. Und während ich noch den wuschelköpfigen Bergführer der Vorgängerseilschaft begucke, dem buchstäblich die Haare zu Berge stehe, was ziemlich interessant aussieht, stellen die anderen fest: ‘Sch…, wir sind mitten in einem Gewitter, schaut euch mal die Andrea an!’ Alle Haare, die sich aus meinen Zöpfen gelöst hatten, stehen senkrecht nach allen Seiten ab. Stimmt, da war doch was, erinnere ich mich. Wenn die statische Ladung in der Luft so stark wird, dann ist es allerhöchste Eisenbahn zum Absteigen, direkt in einem Gewitter soll es sehr sehr unangenehm sein.

Aber das Nadelöhr ist von der Vorgängerseilschaft besetzt. Denen - zumindest deren Führer - ist so unwohl wie uns, aber schneller geht wohl nicht. So stehen wir mitten in einem drohenden Gewitter in steilen Felsen über einem steilen Firnfeld über einem noch steileren Abbruch auf 4200m und warten. Krümel stützt sich auf ihren Pickel und schläft im Stehen. Als wir dann endlich dran sind, haben sich meine Haare wieder gelegt, das Gewitter ist ohne sich zu entladen, an uns vorbei gezogen. Ein Glück!

Wir seilen uns ab. An der Engstelle noch alle, weiter unten schliesslich nur noch ich, weil ich der grösste Angsthase bin. Als wir dann alle am Skidepot ankommen, ist es 4 Uhr und wieder schönstes Wetter. Wow, was für ein Gipfel!

Während für mich das Schlimmste (das furchtbar steile Firnfeld über dem Abbruch) überstanden ist, grault sich Yak vor der Abfahrt. Die grosse Spalte will er unbedingt zu Fuss überwinden, trotz unserer Argumente, dass man mit Skiern viel schneller drüber ist und vor allem die Gewichtsverteilung viel besser ist. Während wir noch packen, fährt er schon los und ich fange an zu verstehen, warum er sich so vor der Abfahrt grault. Mutig, mutig! Und die Spalte schafft er dann doch per Ski!

Ralle und ich brauchen ein wenig länger als die anderen und sausen ihnen dann nach. Beim Skifahren stellen wir fest, dass wir die Höhe und die Länge der Tour ganz schön merken. Boah, was tun uns beim Abfahren die Oberschenkel weh! Dabei fährt es sich eigentlich wunderbar auf dem frisch überschneiten Firn. Sogar Yak gibt das später zu.

Wie die Vorgänger-Seilschaft ziehen wir es vor, anstatt eine unbekannte Menge Höhenmeter mit der Abfahrt auf den Mellich-Gletscher zu verschenken, 50 Höhenmeter direkt aufzusteigen und die erste Felsrippe vom Rimpfischhorn auf dem bekannten Weg zu erklettern. Das geht einfacher als erwartet.

Dann bleibt nur noch die lange Abfahrt von Allalin-Pass zum Hohlaubgletscher. Krümel hält uns Lahmnasen nicht mehr aus und setzt sich Richtung Hütte ab, nicht ohne mir ihr restliches Trinken zu schenken. Mit nur einem Liter Marschtee habe ich viel zu wenig zu trinken dabei und nehme dankbar an. Ralle, Uwe und ich freuen uns über den frischen Schnee auf dem aufgeweichten Firn und schwingen locker (haha, mehr oder weniger, die Oberschenkel!) hinab, Yak folgt vorsichtig und langsamer mit sauberen sorgfältigen Bogen.

Kurz vor der Hütte fährt eine kleine Gestalt den Hütten-Hang hinab. Die kennen wir doch? Tatsächlich, das unermüdliche Krümel hat in der Hütte Getränke geholt und bringt uns das flüssige Gold zur Stärkung vor dem Hütten-Aufstieg. Die Frau ist unglaublich!

Die letzten 100 Höhenmeter Aufstieg sind so anstrengend wie befürchtet, aber um 18:30h sind wir auf der Hütte. Nach 13 1/2 Stunden, 1500 Höhenmetern und (vermutlich) mindestens 20 Kilometern. Wow! Der Mann ist sogar ‘fast stolz’ auf mich. Bah, ich bin ganz stolz!

Die andere Gruppe musste leider wegen Nebel und Schneefall vor dem Strahlhorn-Gipfel umkehren, im Nebel war ihnen der unbekannte Gletscher zu gefährlich. Die 4000er-Marke hatten sie vorher jedoch geknackt :-)

Die SAN-Leute wollen am nächsten Tag gemütlich ausschlafen und dann mit der Bahn abfahren. Der beste Allgäuer von Allen und ich dagegen wollen wenigstens noch das Strahlhorn besteigen. Wenn das Wetter so mitspielt wie heute, könnten wir es grad so um Mittag auf den Gipfel schaffen. Aber die Wetter-Aussichten für die nächsten Tage sind nicht toll: Ab übermorgen garantiert schlecht und die Gewitter morgen deutlich früher als heute.

Von engel am 07.05.2007 22:29 • diaryurlaubwallis2007outdoorski

Joo… auch wenn wir am Strahlhorn wegen genau dem Gewitter abgebrochen haben: Schee wars :-))

Das Problem mit zu wenig trinken ist in diesen Kreisen wohl etwas verbreitet. Ich hab diesmal fast zuviel getrunken und als es mich im oberen Teil bei der Abfahrt auf dem harten Untergrund richtig durchgeschüttelt hat, war das auch nicht mehr soo toll.
Ich werde künftig auch bei solchen Touren etwas Mineralpulver in den Tee kippen.

[1] Von hawkeye am 08.05.2007 11:51

Genau, hawkeye, schee war’s :-)

Ja, das ist wohl so, wir trinken alle zu wenig. Bisher war mir das ziemlich egal, weil das ja nie merkbare Auswirkungen gezeigt hat. ‘Fast zuviel’ getrunken? Geht das?

[2] Von engel am 08.05.2007 22:53

13 Stunden am Stück bergauf- und bergab Leistung bringen ist schon hart. Könnte ich gar nicht sagen, ob das für mich machbar wäre.
Die normalen Bergtouren, also das Training liegt doch mehr bei so 5 bis max. 7 Stunden. Dem Blog nach dürfte das bei Euch ähnlich sein.
Umsomehr Respekt für Eure Leistung - das spornt auch andere an.

Btw. Welche Stirnlampe hat sich bei Euch bewährt? Ich tendiere eher zu einer genügsamen, aber ausreichenden Lichtausbeute, bei sehr kleinem Packmaß (Lucido TR1)

[3] Von Rudi am 09.05.2007 18:52

Genau genommen, Rudi, ist es erstaunlich, wieviel Leistung man bringen kann, wenn man muss. Hinsetzen und sagen ‘Ich mag nimmer!’ bringt in den seltensten Fällen eine Lösung.

Stimmt schon, üblicherweise ist man nur 7-9 Stunden unterwegs, 5 ist eher kurz und kommt eher bei Ski- oder MTB-Touren vor, die dafür eher anstrengender sind. Aber danach ist man ja nicht erschöpft, sondern einfach nur ‘normal’ ermüdet. Wenn es drauf ankäme, könnte man noch einiges mehr machen. Es ist ja eh immer erstaunlich, dass Touren genau so lang sind, wie man glaubt gerade noch leisten zu können ;-)

Stirnlampe? Früher die Petzl-Lampe mit dem fetten 9V-Block (Name weiss ich nicht), inzwischen die Petzl Myo 5, die sowohl LEDs mit variabler Lichtleistung als auch eine Halogenlampe hat. Nicht grad billig, ist aber sehr leicht und hält mit den LEDs ewig lang. Laut Hersteller-Angaben, bisher haben wir sie noch nicht lange benutzt.

[4] Von engel am 10.05.2007 10:10
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