In den Forums der SAN war ein kurzer Bericht über eine Klettertour am Biberkopf, die mich sofort ansprach:
Das ist genau das was, wir grad üben wollen, IIIer Kletterei. Und fester Fels ist ja eh die Empfehlung schlechthin. Für meine Nerven gibt es nichts Schlimmeres als bröckeliges Zeugs unter Händen und Füssen. Ich wollte also da hin, der beste Allgäuer von Allen meinte nur ‘OK.’, weil er Vorschläge von mir sowieso so gut wie immer für gut befindet. Die Hochtouren in den Berner Alpen waren wegen des Wetters ja gekippt, so hatten wir Zeit für’s Lechtal. 2 Tage, genau so lange sollte es nämlich schön bleiben. Allerdings hatten wir vor, uns ein Zimmer zu nehmen, der Kangoo-Umbau ist noch nicht ganz fertig.
In Lechleiten beginnt der Weg zum Biberkopf
Wegen eines interessanten Projekts, das - wenn alles passt - Ende September stattfinden wird, haben wir das Gefühl, dass es höchste Zeit ist, unsere Kletterpraxis zu verbessern. Wäre doch ziemlich blöd, plötzlich in einer Riesenwand das grosse Bibbern zu bekommen und nicht mehr vor oder zurück zu können.
Auf der Suche nach etwas Einfachem in vergleichbarem Schwierigkeitsgrad, das wir nach Möglichkeit seilfrei begehen könnten, grub der beste Allgäuer von Allen schon vor einer ganze Weile den Kellespitze Westgrat aus. Schwierigkeit weitestgehend II und I, stellenweise III- und III. Zudem ist das unsere allererste Klettertour, die wir vor ziemlich genau 15 Jahren im Zuge eines Kletterkurses bei der Sektion Kempten des DAV unternommen haben :-)
Ganz klar, da müssen wir hin! Ich erweiterte das Ganze dann noch um ein paar Höhenmeter mit dem Bike um mir ein paar andere Höhenmeter im Abstieg zu sparen und fertig war eine grossartige Unternehmung: Von der Bärenfalle bei Musau hinauf ins Reintal, zu Fuss in die Kellespitze-Scharte, kletternderweise über den Westgrat zum Gipfel und das Ganze retour (im Abstieg allerdings auf dem Normalweg nicht über den Grat).
Auf dem Weg ins Reintal.
Nachdem wir am Samstag das Bergsteiger-Essen serviert hatten, war klar, dass am Sonntag nun auch berggestiegen werden musste. Allerdings kübelte es beim Aufstehen wie aus Eimern. Vorsichthalber nochmal telefonisch bei den Südfranzosen nachgefragt: “Es regnet wie blöd, wollt ihr bei dem Wetter wirklich raus?”
Schwesterle fragte nach hinten: “Habt ihr Lust auf eine Regenwanderung?” Von hinten kam es laut und dreistimmig: “Jaaaa!” Gut, dann also nix wie los.
Ausgesucht hatten wir schon vor Wochen einen Abstecher zum Gaisalpsee. Um die 600 Höhenmeter, unten der Tobelweg, zwischendrin Wiese und ein paar kleine Kletterstellen und oben dann der See. Das sollte auch dem eher wanderunwilligen kleinsten Neffen (faule Socke, schimpft Schwesterle) zusagen. Und überall natürlich Wasser, heute auch von oben.
Der Samstag sollte schön werden, noch ein ‘richtiger’ Urlaubstag also. Für den Abend war jedoch das Südfranzosen-Abendessen angesetzt, da war nur eine kleine Tour drin. Der beste Allgäuer von Allen schlug den Besler vor, da könnte man dann mal gucken, wie sich die Fivefingers beim Klettern machten. Feine Idee, ich verkürzte die Tour jedoch mit dem Start an der Herzbergalpe, allzu stressig sollte der Tag dann doch nicht werden.
Beim Aufstieg durch den kühlen feuchten Wald trafen wir gleich am Anfang auf zwei Spechte an einem alten Baum. Wir guckten ein Weilchen zu und konnten schön sehen, wie Mama Specht dem Junior beibrachte, wie die Sache mit dem Spechten so funktioniert: Man arbeitet sich von unten nach oben vor, sucht lose Rinde, die sich mit wenigen aber kräftigen Schlägen wegpicken und mit Schwung verstreuen lässt und schnabuliert dann ganz fix das Gekreuche von unter der Rinde. Immer wenn Junior die Lust verlor, köderte ihn Mama Specht mit einem kleinen Leckerbissen von weiter oben. Zufrieden spechte dann auch Junior weiter.
Nach den beiden schönen Tage Mitte der Woche regnete es den gesamten Donnerstag durch. Naja, wir (OK, ich) hatten ja einen Muskelkater auszukurieren, da tut so ein Tag Nichtstun gar nicht schlecht. Es lag ja auch noch Arbeit an, Doppelkarte fürs neue Auto besorgen und die Buchung des Urlaubs (Wo waren nochmal die Reisepässe? Was man selten braucht, hat eine verhängnisvolle Tendenz ins Nirwana zu verschwinden.) abschicken. Und Kochen und Kuscheln und so, war ja Urlaub.
Zu behaupten, dass uns bereits am Freitag schon die Decke auf den Kopf gefallen wäre, ist ein bisserl übertrieben, aber nun, da wir wieder ein richtiges Ziel hatten, war es Zeit wieder mit dem Training anzufangen. Wir passten also nachmittags ein Regenloch ab und sausten zum Falkenstein, um da mal schnell rauf und runter zu sausen. ‘Barfuss’ natürlich.
Auch Montag Abend behaupteten die Wetterfrösche beharrlich, dass es am Dienstag schön werden würde. Draussen vorm Fenster regnete es aber ungestört weiter. Voller Optimismus glaubten wir an Wetterbesserung und packten die Rucksäcke.
Und tatsächlich, in der Früh schien Sonne zwischen den Wolken durch und der Regen hatte aufgehört. Um 9 stellten wir den Audi am Vilsalpsee ab und stiegen über feuchte Wiesen und durch nasses Gras an der Rossalpe (an der tatsächliche Rösser rumstanden und weideten) vorbei zum Gaishorn empor. Mit Fivefingers natürlich :-)
Irgendwie war uns nach Ausschlafen am Samstag, daher starteten wir nach einem gemütlichen Frühstück ebenso gemütlich von der Sonnenklause zu einem unserer meistbestiegenen Berge: Der Sonnenkopf.
Der beste Allgäuer von Allen hatte beim Zappen irgendwo mit einem halben Ohr mitbekommen, dass die Pilzsaison bereits gestartet sei (genau genommen ist das ganze Jahr über Pilzsaison, wir kennen aber nur die Spätsommer/Herbst-Pilze) und hatte hoffnungsfroh einen Beutel und ein Messer dabei.
Ich glaubte ja nicht an Pilze, die früheren Sorten haben wir noch nie bei uns gefunden, daher staunte ich nicht schlecht, als wir 500 Meter nach dem Parkplatz dieses Prachtstück von Marone entdeckten.
Mal wieder was Neues dachten wir uns und vor allem was Sommerliches. Mir war schon vor einer Weile mal auf der Karte das Retterschwanger Tal ins Auge gefallen, in dem wir zwar öfter sind, in dessen weit hinten liegenden Ende wir aber noch nie waren.
Warum also nicht mal da hinter radeln? Und wo wir dann schon da sind, besteigen wir schnell mal den Entschenkopf, sozusagen ‘von hinten’ und gehen auf diesem schönen Rundweg, der da in der Karte eingezeichnet ist, zurück zur hinteren Entschenalpe. Sah prima aus, also packten wir am Samstag alles Nötige ins Auto und starteten Sonntag in der Früh nach Hindelang.
Nach einer ausnehmend kurzen Nacht, deren Schlaf-Qualität durch die beiden Neuen in unserem Zimmer, die gefühlt alle halbe Stunde abwechselnd aufs Klo gingen, nicht direkt verbessert wurde, warf ich um Viertel nach drei Ralle und Yak aus dem Bett. Jan hatte zwar solidarisch mit uns aufstehen wollen, aber der sollte von unserem Lärm wach werden - oder eben nicht.
Das Frühstück schmeckte um diese Zeit nicht besser als um Vier. Wir zwangen etwas hinein, räumten unsere Schlafstätten auf und machten uns etwa um Vier mit Stirnlampen auf den Weg. Die Jungs der Vierergruppe vom Nebentisch, die sich am Vorabend nach den Verhältnissen erkundigt hatten und nach eigenem Bekunden ebenfalls die Nordwand der Hinteren Schwärze besteigen wollten, zeigten uns wie man es auch machen kann: gar kein Frühstück und direkt aus dem Bett raus loslaufen. Sie starteten etwa 10 Minuten vor uns.
Um Vier in der Früh wurschtelten wir uns aus den Betten, vernichteten das von der Wirtin schon am Vorabend bereit gestellte Frühstück (nicht ganz einfach so früh), und stiefelten in Richtung Similaunhütte los.
So richtig toll schien das Wetter nicht zu sein, es hingen noch ganz schön viele Wolken zwischen den Gipfeln herum, aber es war immerhin trocken und schien auch so zu bleiben.